Das war unser dwif-Impuls: Neue TI – aber wie?
Rund 200 Teilnehmende waren am vergangenen Dienstag live bei unserem dwif-Impuls dabei zum Thema „NEUE TI – ABER WIE? Wie Sie realistisch planen und erfolgreich an Ihr Ziel kommen!“. Heiko Rainer und Rebecca Schwerdt vom dwif nahmen die Teilnehmenden mit in den Umgestaltungsprozess einer Tourist-Information von Anfang bis Ende und teilten ihre Erfahrungen und Learnings aus TI-Projekten der letzten Jahre.
Mit dabei waren wieder spannende Gäste, die uns an ihren Erfahrungen, Motivationen, High- und Lowlights teilhaben ließen: Markus Stuckmann (Inzeller Touristik), Nicola Krause (Skope inventive spaces) und Viola Schöß (Lübeck und Travemünde Marketing).

Sie haben unseren dwif-Impuls verpasst? Kein Problem – das Video ist bereits online!
Worum ging es genau?
Dass Tourist-Informationen heute andere Erwartungen und Bedürfnisse erfüllen müssen als noch vor 20 Jahren, wissen Sie und wissen wir. In unserem letzten dwif-Impuls zum Thema haben wir den „Zielzustand“ der TI der Zukunft als Schaufenster der Region intensiv mit Ihnen diskutiert. In diesem Impuls ging es darum, wie der Weg dorthin gestaltet werden kann. Denn häufig merken wir bei unseren Projekten, dass der Prozess in seinem Umfang völlig unterschätzt wird – besonders dann, wenn es auch bauliche Veränderungen geben soll. Sobald es konkret wird, wird es meist auch komplizierter.
Damit der Weg zur neuen TI frustfrei(er) gemeistert werden kann, zeigten wir, was wir in den letzten Jahren aus unseren Projekten gelernt haben. Konkret beschäftigten wir uns mit folgenden Fragen: Wie viele Schritte liegen zwischen der ersten Idee und der Neueröffnung? Wie sehen diese Schritte im Detail aus? Wie lange dauert der Prozess und – noch wichtiger – wie viel kostet der Spaß?
Hintergrund
TIs werden von Übernachtungsgästen vor der Reise immer seltener als Informationsquelle genutzt, wie die Auswertung unseres Qualitätsmonitors-Deutschlandtourismus zeigt. Während der Reise sieht das erfreulicherweise ganz anders aus: Hier besuchen etwa 6 von 10 Gästen – häufig ganz gezielt – die TI. Die Zufriedenheit fällt dabei eher mittelmäßig aus.
Ein denkbarer Grund: Die TI entspricht nicht (mehr) den Erwartungen der Gäste. Reine Bedürfnisbefriedigung reicht nicht mehr aus – heute geht es darum, Gäste mit Emotionen, Erlebnissen und Überraschungen zu begeistern sowie durch herausragende Qualität und Service zu überzeugen.
Und wie sieht es mit Tagesgästen aus? Diese Daten erheben wir aktuell, seien Sie gespannt!
Der Prozess im Detail
Wie in der Abbildung dargestellt, kann so der Prozess von der ersten Idee bis hin zur Neueröffnung aussehen. Jeder Ort und jede TI hat aber andere Strukturen, Voraussetzungen und Hierarchien, sodass der Prozess auch weniger umfassend gestaltet oder Schwerpunkte auf bestimmte Aspekte gelegt werden können.
Wichtig ist, dass Sie sich möglichst früh darüber klar werden, welches Ziel Sie verfolgen: komplette Neuausrichtung, Refresh, Highlight-Exponate? Soll ein Treffpunkt für Einheimische und Gäste entstehen, ein erlebnisorientierter Ort oder der Fokus auf einem Shop liegen?
Workshops und Gespräche mit Leistungs- und Entscheidungsträger*innen sind essenziell, um hier auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und so die relevanten Zielgruppen, Themen und Positionierung zu identifizieren. Und auch Budget, Zeit und Personaleinsatz hängen entscheidend davon ab.
- Kosten: In Ruhpolding beliefen sich die Kosten – getrieben durch den Denkmalschutz – auf 1,5 Mio. Euro. In Lübeck kostete der Refresh rund 80.000 €. Für Inzell liegt die aktuelle Kostenschätzung bei 200-250.000 €. Als Daumenregel setzt Nicola Krause 2-3.000 Euro pro Quadratmeter beim Umbau im Bestand an – je inszenierter, desto teurer.
- Fördermöglichkeiten: In Ruhpolding konnten Fördermittel für Denkmalschutz und Städtebauförderung genutzt werden. Städtebauförderung ist auch der avisierte Topf für den Umbau in Inzell. In Lübeck und Travemünde gab es keine Fördergelder, sondern städtische Zuschüsse.
- Zeit: Die Planungsphasen dauerten zwischen 18 Monaten (Lübeck Refresh) und 2 Jahren (Umbau in Travemünde und Ruhpolding). Die reine Bauzeit lag allerdings bei nur 6 (Travemünde) bzw. 1 Monat (Lübeck).
Unsere Gäste in der Diskussionsrunde
Markus Stuckmann, Geschäftsführer bei Inzeller Touristik, hat den Prozess hin zu einer neuen TI in Ruhpolding von A bis Z begleitet, in Inzell steht er aktuell noch mitten im Prozess:
Der Grund für die Neuausrichtung der Ruhpoldinger TI war der nicht mehr zeitgemäße Bestand – konzeptionell, inhaltlich und infrastrukturell. Dazu kam mit dem Bahnhofsgebäude ein neuer potenzieller und geeigneter Standort. Durch intensiven Austausch und Dialog mit den Stakeholder*innen konnte ein gemeinsamer Konsens für eine neue TI an einem neuen Standort geschaffen werden und damit ging es los. Ein Highlight im Prozess war die Herausforderung, ein historisches Gebäude mit Leben zu füllen und verschiedene Fördertöpfe, die öffentliche Erwartungen und das kommunalpolitische System in Einklang zu bringen. Politischer Wille und die Zusammenarbeit der Ämter haben ebenfalls zum schnellen und guten Gelingen beigetragen, sodass die Marke Ruhpolding nun erlebbar und fühlbar geworden ist. Aus Herrn Stuckmanns Sicht am schönsten ist, dass sie die Komplexität des Vorhabens erfolgreich meistern und mit dem Umbau der Erwartungshaltung der Stakeholder*innen gerecht werden konnten.
In Inzell gelang die Überzeugung politischer Entscheidungsträger*innen und die Konsensfindung mithilfe eines dwif-Workshops. Da hier „nur“ umgebaut werden soll, ist die Gemengelage einfacher. Auch hier war die Konzeption aus der Zeit gefallen, Servicegedanken Richtung Gast und Leistungsträger*innen fehlten und Markenkontaktpunkte gab es kaum.
Viola Schöß, Leiterin Gästeservice bei Lübeck und Travemünde Marketing GmbH, berichtete vom Umzug der TI in Travemünde von C- in A-Lage, sowie dem Refresh der TI in Lübeck am Holstentor:
Die Travemünder TI ist vom Bahnhof in eine zentrale Lage an der Trave-Mündung gezogen und hat sich dabei absichtlich verkleinert. Dazu kam, dass das Mobiliar nach 20 Jahren nicht mehr vorzeigbar war. Die Markenorientierung stand in beiden Refreshs im Mittelpunkt, im Sinne der Nachhaltigkeit wurde so viel wie möglich weitergenutzt. So konnten auch die Kosten niedrig gehalten werden. Zu den Lowlights zählten hier die Baukostensteigerungen und zeitliche Verzögerungen durch andere Projekte. Jetzt nach der Eröffnung dominieren der Stolz und die Emotionen über das Ergebnis. Nicht nur Mitarbeitende, auch Bürger*innen und Gäste fühlen sich wohl und geben positive Rückmeldungen zu den Veränderungen.
Nicola Krause, Geschäftsführerin bei Skope inventive spaces berichtet aus ihrer Projekterfahrung und speziell dem Umzug und der Neuausrichtung der TI Bad Driburg:
Hier fand ein Umzug ebenfalls weg vom Bahnhof in die Fußgängerzone statt. Da sich die Zielgruppen an beiden Standorten unterscheiden können, war die Standortsuche und der Einbezug der Stakeholder*innen in dem Prozessschritt ganz wichtig, um die Erwartungshaltung und Zielstellung zu klären. Die neue TI soll dort die Moorerlebniswelt mit betreiben.
Auf einige Fragen aus dem Chat sind wir Ihnen noch eine Antwort schuldig. Das haben wir hier nachgeholt: Download PDF-Dokument
Unsere Learnings & Erkenntnisse für Ihre TI
Zusätzlich zu unseren Learnings aus den letzten Jahren in der Beratung von und Zusammenarbeit mit TIs, ergänzen wir hier noch die Erkenntnisse aus dem Erfahrungsaustausch mit unseren Expert*innen:
→ Der Faktor Zeit ist entscheidend: Einerseits geht es darum, möglichst schnell ins Tun zu kommen und den Antrieb der anfänglichen Euphorie zu nutzen. Andererseits bindet ein längerer Prozess auf Dauer auch mehr Personalkapazitäten, die dann in anderen Projekten fehlen.
→ Der breite Konsens von politischen Entscheidungsträgern, touristischen Akteur*innen, TI-Mitarbeitenden und kommunalen Ämtern sollte möglichst frühzeitig hergestellt werden. Er ist die Basis, auf der Refresh oder Neuausrichtung fußen.
→ Ziehen Sie Fördertöpfe in Betracht, die nicht speziell für den Tourismus ausgelegt sind, wie Städtebauförderung, Entwicklung ländlicher/strukturschwacher Räume, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit. Die regionalen Wirtschaftsförderungen sind dafür eine gute Anlaufstelle.
→ Die TI ist nicht nur Aushängeschild FÜR die Region, sondern auch IN der Region. Die dort angebotene und dargestellte Qualität und der Umgang mit Investitionen sind Vorbild und Benchmark für die Leistungsträger*innen.
Herzlichen Dank an unsere Gäste und alle, die live dabei waren! Und...
...wenn Sie unseren dwif-Impuls nicht live verfolgen konnten, jetzt aber Lust bekommen haben, sich die spannende Diskussion in voller Länge anzusehen, schauen Sie einfach auf unserem YouTube-Kanal vorbei. Dort finden Sie auch die Aufzeichnungen der bisherigen Events dieser Reihe, wie beispielsweise „Die TI als Flagshipstore", „Tourismus zahlt sich aus!", „High-Performance-DMO", „Gastlichkeit beginnt von innen“ und viele mehr!
WIR UNTERSTÜTZEN SIE
Neuausrichtung Ihrer Touristinformation
Wir begleiten Sie von der ersten Idee über die strategische Planung und Ausgestaltung bis hin zur Umsetzung Ihrer zukünftigen Tourist-Information.Dabei gibt es keine universelle „one fits all“-Lösung. Jede Destination ist eine eigene Welt und eine Tourist-Information sollte auf die individuellen Bedürfnisse der Gäste und der Akteur*innen vor Ort zugeschnitten sein.