Qualitätsmanagement im Tourismus – Der Weg zum Gästeglück

Qualitätsmanagement soll die notwendige Professionalisierung der häufig mittelständisch geprägten Anbietenden im Tourismus vorantreiben und sie fit für den Wettbewerb machen.
Aber was genau bedeutet das für die tägliche Arbeit in den Destinationen? Wie nehmen die Gäste Qualität wahr und wie leben die Betriebe diese?

dwif: Qualitätsmanagement im Tourismus – Auf dem Weg zum Gästeglück (Bild: freepik)

 

Reisen: Ein Herzensthema

Qualitätssicherung und -steigerung sind zentrale Mittel, um Gäste mit herausragenden Leistungen zu überzeugen und dauerhaft an sich zu binden. Gästewünsche kompetent, schnell und freundlich zu erfüllen ist die Basis für eine erfolgreiche Existenz am Markt.
Zugegebenermaßen: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben das Thema Qualitätsmanagement etwas in den Hintergrund gedrängt. Doch fest steht ebenfalls: Auch diese Krise wird enden, Menschen werden wieder reisen. Und weil das Reisen ein Herzensthema ist, werden die Gäste auch künftig ihre Qualitätserwartungen nicht zurückschrauben. Was bedeutet das konkret?
 
Im Rahmen unserer Sparkassen-Tourismusbarometer sind wir dem Thema Qualität(smanagement) im Toursimus genauer auf den Grund gegangenen. Unsere Quintessenz haben wir hier für Sie zusammengefasst.

 


Qualitätsmanagement im Tourismus Gästesicht dwif

#1: Qualität heißt aus GÄSTESICHT: „Für mich das Beste!“

Zeit ist ein knappes Gut geworden, und so wächst der Druck bei der Wahl des optimalen Reiseziels. Um Enttäuschungen aus dem Weg zu gehen, sichert sich der Reisende bereits in der Informations- und Buchungsphase ab – durch Empfehlungen von Freund*innen, durch Versprechen diverser Qualitätsinitiativen und immer häufiger durch Online-Bewertungen anderer Gäste. Orientierung, Sicherheit und Transparenz sind deshalb drei wesentliche Aspekte, um auf der Suche nach Qualität das Risiko einer Fehlentscheidung zu minimieren.

Q-Initiativen vs. Bewertungsportale
Nach einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung der Deutschen im Rahmen des Sparkassen-Tourismusbarometers vertrauen Gäste Qualitätsinitiativen (DEHOGA-Sterne, DTV-Klassifizierung etc.) mehr als den Bewertungen auf Online-Portalen. Gleichzeitig haben gute Bewertungen jedoch einen höheren Einfluss auf die Buchungswahrscheinlichkeit als die Zertifizierung einer Unterkunft. Ein Widerspruch? Nein – das Problem ist schlichtweg, dass die bestehenden Qualitätsinitiativen für den Gast in seiner Buchungsstrecke kaum sichtbar sind. So wie Gäste suchen und buchen, wird ihnen häufig gar nicht bewusst, ob ein Betrieb eine Klassifizierung hat – dass er gute Bewertungen hat, aber sehr wohl. Digitale Sichtbarkeit ist immer häufiger das Maß der Dinge. Die Qualitätsinitiativen im Deutschland-Tourismus sollten deshalb die eigene Positionierung schärfen und in diesem Zusammenhang die eigene Vertriebsrelevanz kritisch hinterfragen.
Gästezufriedenheit: Von der Schwierigkeit das Glück zu messen

Die Gesamtzufriedenheit eines Gastes mit seinem Aufenthalt in einer Destination bildet sich aus einer Reihe von Teilzufriedenheiten. Jeder Moment ist kostbar, jedes Erlebnis dient der persönlichen Bedürfnisbefriedigung – Reisezeit wird zu Quality-Time. Reisende durchlaufen die einzelnen Stationen der Servicekette und beurteilen diese gemäß ihren Ansprüchen und Erwartungen. Wie zufrieden sie nach Hause fahren, hängt von der Gesamtbilanz dieser Einzelurteile ab. Beispielsweise kann der Urlaub trotz gelungener Ausflüge, informativer Stadtführungen, erholsamer Wellness-Angebote und dergleichen mehr insgesamt dennoch in schlechter Erinnerung bleiben, wenn die Unterkunft oder die Servicequalität die Ansprüche nicht erfüllen konnten.

Die Entstehung der Zufriedenheit hängt davon ab, inwieweit das Reiseerlebnis den Ansprüchen der Gäste gerecht wird. Die wichtigste Voraussetzung für ein funktionierendes Qualitätsmanagement ist es deshalb, die Bedürfnisse der eigenen Gäste genau zu kennen. Die Kund*innen müssen im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen.


Qualitätsmanagement im Tourismus Betriebe dwif

 #2: Qualitätsaufgaben der BETRIEBE– Instrumente verstehen lernen

Die Zeiten, in denen Betriebe davon überzeugt werden mussten, dass Qualität (sei es in punkto Hard- oder Software) ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist, sind sicher vorbei. Doch das Erkennen allein macht noch keine glücklichen Gäste. Die Zufriedenheit mit der Unterkunft prägt das Qualitätsurteil der Gäste immens. Regelmäßige Investitionen in die Hardware und Wissensausbau in Sachen perfekter Gästeservice verlangen den (Kleinst-)Betrieben viel ab.
Diese Herausforderung stand schon vor der Corona-Krise mahnend im Raum und hat durch die finanziellen Einbußen zusätzlich an Schärfe gewonnen. Der Druck auf Vermieter*innen ist entsprechend groß und sie müssen reagieren: Doch nur ein geringer Anteil hat eine(n) Qualitätsbeauftragte(n) im Haus definiert und auf der Suche nach Wissen, was optimale Qualität heute ausmacht, holen sich die Betriebe noch viel zu selten Anregungen von außen.

Zertifizierte Betriebe erzielen höhere Gästezufriedenheit

Bedauerlich, denn eine Analyse im Rahmen des Tourismusbarometers zeigt, dass Betriebe, die an Qualitätsinitiativen teilnehmen, bessere Online-Bewertungen (einen höheren TrustScore) erzielen. Gäste wiederum buchen häufiger ein Hotel mit höherer Bewertung und jeder zweite Deutsche ist sogar bereit, für einen Unterkunftsbetrieb mit TOP-Gästebewertungen etwas mehr zu zahlen. Letzteres gilt auch für Betriebe, die über eine offizielle Klassifizierung verfügen. Eine Studie des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) ergab darüber hinaus, dass der Vermietungspreis pro m² und Tag mit jedem DTV-Klassifizierungsstern steigt. Das klare Ergebnis also: Qualitätsanstrengungen zahlen sich aus. Qualität kurbelt die Gästezufriedenheit an und gibt Spielraum bei der Preisgestaltung.

Grund genug für die Betriebe, die eigenen Instrumente für die Qualitätssicherung kritisch zu überdenken und die Aufgaben im Qualitätsmanagement neu zu priorisieren.


Qualitätsmanagement im Tourismus DMO dwif

#3: Qualitätsaufgaben der DMO – Prozesse starten, lenken und leben

Die Destinationsmanagement Organisation (DMO) ist in allen Phasen der Customer Journey des Gastes gefragt, mal im direkten Kontakt, vor allem aber als vernetzendes Element der Servicekette vor Ort. Die Qualität der verschiedenen „Erlebnisbausteine“, insbesondere der Beherbergungsleistung zu sichern, ist eine vordringliche Aufgabe...leider bislang nur allzu häufig in der Theorie.

Zwar fühlt sich die Mehrheit der Tourismusorganisationen für die Qualitätssicherung verantwortlich, aber noch zu wenige sehen ihre Zuständigkeit in der Verbesserung der Qualität entlang der Servicekette oder verstehen sich als Coach für die Betriebe.Die Organisationen begreifen sich in erster Linie als Qualitätsprüfer von Betrieben, als Vermittler von Weiterbildungsangeboten oder als Motivator für die Teilnahme an Qualitätsinitiativen und. Diese Haltung wird künftig kaum mehr ausreichen.

DMO als Erlebnis-Architekt & Prozess-Coach gefragt
Die DMO der Zukunft muss den Qualitätsprozess deutlich stärker steuern und bestehende Prozesse nach innen effizienter und nach außen qualitätsorientierter gestalten. Das Festlegen von Verantwortlichkeiten (zum Beispiel Qualitätsmanager, Service Design-Verantwortliche) und das Managen aller Qualitätsdimensionen von der Kommunikations- und Infrastruktur- bis zur Produkt- und Erlebnisqualität sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren.

Qualitaetsmanagement im Tourismus Initiativen dwif

 #4: Q-INITIATIVEN auf dem Prüfstand: Ihre Zahl. Ihre Rolle. Ihre Zukunft

Die offiziellen Klassifizierungen/Label kämpfen um Zuspruch. Zu wenige Neuanmeldungen, verringerte Re-Zertifizierungsquoten – wichtige Qualitätsinitiativen im Deutschland-Tourismus suchen nach Wegen, die Mitgliederzufriedenheit zu erhöhen.

Hauptkritikpunkt: Kosten-Nutzen-Verhältnis
Aus Sicht der Betriebe ist die Antwort darauf einfach: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss optimiert werden. Dabei wird der Nutzen jedoch häufig viel zu eindimensional gesehen. Auch wenn sich die Betriebe durchaus bewusst sind, dass die vorhandenen Qualitätsinitiativen unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen, beim Zufriedenheitsurteil wird über einen Kamm geschoren: Zu geringe Bekanntheit, zu wenige neue Gäste – warum also weiter investieren? Zwischen Innen- und Außeneffekten (Prozessoptimierung vs. Hardwareklassifizierung) wird beim Bauchgefühl nicht mehr differenziert.
Die resultierenden Aufgaben sind komplex

Die Initiativen müssen ehrlicher und transparenter als bisher ihren Nutzen kommunizieren und die Betriebe müssen Wege finden, diesen für sich auch (monetär) messbar zu machen.

Zudem geht ein hoher Prozentsatz der Betriebe davon aus, dass Bewertungen auf Online-Portalen für die Buchungsentscheidung immer wichtiger werden. Auch wenn diese von der überwiegenden Mehrheit nicht als Ersatz für die bestehenden Klassifizierungen gesehen werden, ist das keine Erfolgsgarantie für die Zukunft.

Aus Gästesicht betrachtet führt kein Weg daran vorbei: Klassifizierungen und Qualitätssiegel müssen die Marktmacht der Portale anerkennen. Die Portale warten nicht auf die touristischen Akteur*innen und ihre Belange, sie verfolgen ihre eigene Strategie. Innovative Ansätze, um der subjektiven Post-Bewertung des Gastes eine objektive Entscheidungshilfe zur Seite zu stellen, sind aber vielleicht willkommen, weil Vertrauen die Kernkompetenz eines Wegweisers sein muss und nun mal die Basis (lukrativer) Kund*innenbindung ist.

 

FAZIT: Besser werden –
Auf dem Weg zur gemeinsamen Q(lücks)-Identität

Qualität im Tourismus kann weder mit Verweigerern noch mit Einzelkämpfern gelingen. Qualität muss als Querschnittsaufgabe und Verantwortung aller Akteur*innen begriffen und gemanagt werden.
Und: Zufriedene Gäste zu gewinnen, setzt eine verstärkte Kooperation voraus. Aufgrund der Vielzahl der Leistungsträger, die das Reiseerlebnis des Gastes mitbestimmen und beeinflussen, ist die Geschlossenheit der Servicekette von besonderer Bedeutung. Ob ein Gast wiederkommt, hängt auch an der Beurteilung der gesamten Reise, weshalb jedes einzelne Glied Verantwortung für die Kette übernehmen muss.

Für das Zusammenspiel der Akteur*innen im Deutschland-Tourismus bedeutet das klare Handlungserfordernisse:

 

Auf den Punkt gebracht! Wer muss welche Rolle übernehmen?

Qualitaetsmanagement Tourismus Organisation dwif

 

  • Betriebe – Profi für Gastlichkeit: Die Betriebe müssen genau wissen, was der Gast will, sich konsequent professionalisieren und mündig entscheiden, welche Qualitätsinstrumente für sie nutzbringend sind. Externe Impulse sind besonders wichtig, um eigene Qualitätsprozesse in Gang zu setzen. Gleichzeitig müssen sie sich als Teil der Servicekette verstehen und sich stärker dafür öffnen, die Destination bei ihren Bemühungen um das Gästeerlebnis zu unterstützen.
  • DMO – Prozesscoach und Erlebnisarchitekt: Vorrangige Aufgabe der Tourismusorganisationen ist es, das Gesamterlebnis des Gastes im Blick zu haben. Sie müssen sich weniger als Vermittler von Klassifizierungen denn vielmehr als Prozesscoach für mehr Qualitätsbewusstsein bei den Betrieben positionieren und sich für die Qualität entlang der Servicekette verantwortlich fühlen. Netzwerken und Coachen sind ihre Kernkompetenzen im Qualitätsmanagement.
  • Initiativen – Nutzenstifter: Die Qualitätsinitiativen im Deutschland-Tourismus können für Betriebe und Tourismus-Organisationen weiterhin wichtige Partner und Richtschnur für die Bedürfnisse der Gäste sein. Die Daseinsberechtigung ist jedoch an den Grad der Nutzenstiftung gekoppelt. Eng damit verbunden ist eine kritische Selbstreflexion der eigenen Vertriebsrelevanz.
  • Portale – Wegweiser: Online-Portale verschaffen Gästen einen Überblick über das vielfältige touristische Angebot und geben Betrieben Hinweise für Leistungsverbesserungen. Wenn Gästebewertungen um harte Prüfurteile ergänzt werden, sind Kund*innen auf der sicheren Seite.

 

Jegliche strategische Entscheidungen müssen wohldurchdacht und gerade vor dem Hintergrund auftretender Krisen auf Langfristigkeit ausgerichtet sein. Denn Qualität ist keine Aufgabe, Qualität ist die Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg und sie lebt von der Leidenschaft für das Gastgeben.

 

 


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