DMO als Steward - Teil 2 unserer Serie zur neuen Destinationsverantwortung

Die Ansprüche an das Destinationsmanagement steigen seit Jahren. Tourismusorganisationen sind längst mehr als Infoservices für Gäste oder reine Vermarktungsagenturen. In zunehmend gesättigten Märkten mit hohem Wettbewerbsdruck und anspruchsvollen Gästeerwartungen stieg die Notwendigkeit, sich mit dem Produkt selbst stärker zu beschäftigen – und im komplexen Kontaktpunktgefüge der Destination zunehmend im Netzwerk und nach innen zu wirken. Spätestens seit den ersten Overtourism-Debatten ist zudem eine weitere Stakeholdergruppe ins Visier gerückt: die Bevölkerung. Damit erhöhte sich auch die Aufgabenkomplexität für die DMO – leider nur selten proportional zum Budget und den Personalkapazitäten (siehe auch Abbildung im Text).

dwif: Vom Lebensraummanagement zur Destinationsverantwortung | Unsere dwif-Haltung in acht Sätzen (Bild: freepik)

Destinationsmanagement 4.0 – die Ära der Destinationsverantwortung

Darüber redet die Branche seit langem. Mittlerweile ist das Destinationsmanagement auf einer neuen Stufe angekommen, die man – in Anlehnung an den international etablierten Begriff des „destination stewardship“ – als Ära der Destinationsverantwortung bezeichnen kann.

Neu dabei ist in erster Linie der Veränderungsdruck, der durch die Transformationstreiber Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf den Tourismus einwirkt und den Gemeinwohl-Gedanken immer stärker in den Fokus rückt. Nur wenn viele (private wie öffentliche) Stakeholder interdisziplinär und vernetzt zusammenarbeiten, können die großen Zukunftsthemen (z.B. Klimaschutz und -anpassung, Mobilität, Wohnraummanagement, Arbeitskräftemangel, smarte Infrastruktur, Gästelenkung, künstliche Intelligenz, Tourismusbewusstsein/Integration der Einheimischen in die touristische Entwicklung) angegangen werden.

DMO als Steward neue Destinationsverantwortung Grafik

 

Wichtig ist zu akzeptieren, dass Tourismusverantwortliche sich nicht federführend um alle neuen Themen kümmern können. Denn das übersteigt in aller Regel die Ressourcen, aber auch die Kompetenzen und die Legitimation einer DMO. Um mitgestalten zu können, braucht das Destinationsmanagement neue Netzwerke. Die DMO muss „an all den Tischen“ sitzen, an denen wichtige Planungen und Projekte erarbeitet werden, die für Tourismus- und Freizeitentwicklung relevant sind. So kann sie aktiv Impulse im Sinne der Destinationsentwicklung setzen und gleichzeitig branchenfremde Perspektiven in eigene Aktivitäten einbeziehen.

Das heißt: Destinationsverantwortung braucht neue Organisations- und Partizipationsstrukturen sowie ein verändertes Selbstverständnis der DMO. Eine holistische, netzwerkorientierte Destinationsverantwortung löst das häufig noch sehr isoliert denkende Tourismusmanagement ab. Die DMO wird zur Begleiterin von Transformationsprozessen und Mit-Hüterin des Gemeinwohls in der Destination. 

 


Antworten auf die großen Zukunftsthemen finden sich nur gemeinsam im (Destinations-)Netzwerk. Eine holistische, netzwerkorientierte Destinationsverantwortung löst das häufig noch sehr isoliert denkende Tourismusmanagement ab.


Aufgabenfokus und Erfolgsmessung im Wandel

Das Themenspektrum im Destinationsmanagement ist in den vergangenen Jahrzehnten immer breiter und komplexer geworden. Stand anfangs noch der Gästeservice im Fokus vieler Tourismusorganisationen, kamen mit zunehmender Transformationsintensität neue und zusätzliche Aufgaben hinzu – zunächst im Marketing, später im Management. Das spiegelte sich auch in einer veränderten Erfolgswahrnehmung wider: Kennzahlen, die idealtypisch für ein quantitatives Tourismuswachstum stehen (Übernachtungszahlen, Auslastung, Kontaktmaßzahlen etc.), wurden nach und nach durch qualitativere Key Performance Indikatoren (KPIs) ergänzt, die auch Aspekte wie Wertschöpfung, Qualität oder Saisonalität ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückten.

Und selbst dieser Wandel von nach außen orientierten Marketingorganisationen zu stärker nach innen wirkenden Managementorganisationen ist – auch wenn die Branche seit langem darüber diskutiert – in den meisten DMOs Deutschlands noch längst nicht vollständig vollzogen. Dabei wären Aufgaben wie Produktentwicklung und Qualität, Innovationsmanagement, Daten- und Contentmanagement oder Gästelenkung eine wesentliche Grundlage für die Übernahme einer stärkeren Destinationsverantwortung in der nächsten Evolutionsstufe einer DMO.


Vom anlassbezogenen Stakeholdermanagement hin zum strategischen Agenda Setting: Netzwerkmanagement wird zur Schlüsselkompetenz der DMO 4.0


Bereits in Stufe 3.0 wurde es für die Erfüllung der Managementaufgaben immer wichtiger, in partizipativen Netzwerkstrukturen gemeinsam mit anderen Stakeholdern zusammenzuarbeiten. Der DMO kam dabei immer stärker die Rolle der Impulsgeberin und Prozessmoderatorin zu, wenngleich noch viele Zuständigkeiten für die Bearbeitung der Aufgaben in der Tourismusorganisation selbst verblieben. Dennoch: Wer sich in den vergangenen Jahren bereits gut in diese neue Rolle eingefunden und Prozesse stärker netzwerkorientiert angelegt hat, ist bestens gewappnet, die nächste Stufe in Richtung Destinationsmanagement 4.0 zu erklimmen. Denn um wirklich die Verantwortung für die Destination mit all ihren neuen Schnittstellenthemen übernehmen zu können, wird das Management von Netzwerken zur Schlüsselkompetenz der DMO.

 

Vom Lebensraummanagement zur Destinationsverantwortung - Teil 1 unserer Serie

dwif-DMO-FlowErfahren Sie mehr zu unserer Haltung zur neuen Destinationsverantwortung.
Und wie sich diese in in unserer Arbeitsweise widerspiegelt. 

Hier mehr erfahren!

 

Netzwerkmanagement – vorausschauend geplant und aktiv gelebt

Netzwerkmanagement meint dabei weniger das klassische, stark operativ wirkende Stakeholdermanagement im Rahmen von anlassbezogenen, projektbasierten Netzwerken. Vielmehr entspricht die neue Aufgabe der DMO einem langfristig angelegten, strategisch platzierten Agenda Setting, wie es aus der politischen Lobbyarbeit bekannt ist. Entsprechend muss das Netzwerkmanagement aktiv und vorausschauend geplant sowie gelebt werden – erst recht, wenn es im Rahmen der Destinationsverantwortung um Themenpartner*innen geht, die in der Regel nur ein geringes Interesse am Tourismus sowie ein eingeschränktes Verständnis für die Komplexität und die Zusammenhänge der Branche aufweisen. Um es an einigen Beispielen festzumachen: Idealtypisch für diese neuen Partnerschaften stehen Klimamanager*innen, Mobilitätsplaner*innen, regionale Produzent*innen oder Wohnungsbaugenossenschaften. Sie alle können in ihrem Wirkungskreis wesentlich zum Destinationserfolg beitragen, in aller Regel bestehen jedoch keine strategischen Kooperationsstrukturen bei diesen Schnittstellenthemen.

Unterstützen kann hier eine fundierte Netzwerkanalyse als Basis für eine fokussierte, individualisierte und an messbaren Zielen ausgerichtete Strategie für die Stakeholderkommunikation der DMO. Welche Tools und Techniken auf diesem Weg helfen können, lesen Sie demnächst in Teil 3 unserer Serie zur neuen Destinationsverantwortung.

 


Sie wollen mehr dazu wissen? Sprechen Sie uns an!

 

Unser dwif-Impuls am 14.09.2023 drehte sich rund um das Thema "Destinationsverantwortung"

dwif-Impulse

 

 

Wir möchten unser Wissen teilen und gemeinsam mit Ihnen Tourismus neu denken. Unser Online-Format "dwif-Impulse" bietet regelmäßig spannende Gelegenheiten, um sich virtuell zu den Themen auszutauschen, die uns in der Tourismusbranche bewegen. Möchten Sie diesen Impuls nachsehen?

Mehr zu unseren dwif-Impulsen

KONTAKT

München

Sonnenstraße 27
80331 München
Tel +49 (0)89 - 237 028 90
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Berlin

Marienstraße 19-20
10117 Berlin
Tel +49 (0)30 - 757 94 90
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.