Am 06. September 2022 war es wieder soweit: Rund 130 Teilnehmer*innen waren dabei, als unsere Kolleg*innen Rebecca Schwerdt und Diana Pinnow mit Katja Lauritzen (Ostsee-Holstein-Tourismus), Ernst Volkhardt (Wohnmobilstellplatz NaturTherme Templin) und Ralf Tebarz (CamperClean GmbH) im Rahmen unseres dwif-Impulses aktuelle Herausforderungen im Camping-Segment diskutierten. Wir haben uns Campingurlauber*innen und die Strukturmerkmale von Campingplätzen genauer angesehen und einen Blick in die Zukunft dieses spannenden Marktsegments gewagt.
Sie haben unseren dwif-Impuls verpasst? Kein Problem – das Video ist bereits online!
Autarkie, Sicherheit und Reisefreiheit sowie Entspannung für den Geldbeutel – damit hat das Thema Camping in den beiden Corona-Sommern gepunktet. In den Nachrichten liest man seitdem regelmäßig von einem „Camping Boom“. Wenn man sich die Verkaufszahlen von Reisemobilen und Wohnwagen anschaut, wird dieser Boom bestätigt.
Auch die Übernachtungszahlen sind gegenüber anderen Segmenten deutlich besser ausgefallen. Aber wurde der Trend tatsächlich durch die Corona-Krise ausgelöst? Und ist er dann auch mit dem „Ende“ der Pandemie wieder vorbei? Oder handelt es sich vielleicht eher um einen langfristigen Trend?
"In der Spitze wird es kaum mehr Zuwächse geben, eher in der Vor- und Nachsaison."
Die Zulassungszahlen von Campingfahrzeugen sind sprunghaft angestiegen, allein bei den Reisemobilen sind 60 Prozent mehr Fahrzeuge zugelassen als noch 2016. Die Ausgaben und Umsätze fallen ebenso höher aus als noch vor der Pandemie, wie der gerade veröffentlichte dwif-Wirtschaftsfaktor Caravaning-Tourismus 2021 aufzeigt. Die Übernachtungszahlen zeigten sich 2021 trotz Pandemie-Beschränkungen stabil, auch wenn regional ungleich verteilt. Denn in der Hochsaison waren viele Plätze ausgebucht.
Der Erfolg liegt aber nicht nur an der höheren Nachfrage, sondern auch im verbesserten Angebot begründet. Katja Lauritzen (Ostsee-Holstein-Tourismus) bekräftigte die enorme Qualitätssteigerung und Professionalisierung bei den Campingplätzen an der Ostsee: Es wurde viel investiert. Die Infrastruktur hat sich verbessert. Durch neue Komfort-Standards wie z. B. Mobilheime auf den Stellplätzen werden neue Zielgruppen angesprochen, die auch außerhalb der klassischen Saison anreisen.
Unsere Expert*innen Diana Pinnow und Rebecca Schwerdt machten zum Einstieg deutlich, dass sich das Image des Segments und der Camper*innen-Zielgruppe in den letzten Jahrzehnten stark verändert hat. Katja Lauritzen kann dies für die Campingplätzen an der Ostseeküste bestätigen: Vor rund 20 Jahren war Camping hier noch ein Nischensegment für Hartgesottene, in den letzten Jahrzehnten kamen vor allem ältere Paare und Familien hinzu. Durch die Pandemie und ihre Reiseeinschränkungen interessierten sich in den letzten beiden Jahren auch immer jüngere Zielgruppen für das Camping.
Die veränderten Ansprüche der Zielgruppe spiegeln sich einerseits im gewählten Fahrzeugtyp – eher kleine und wendige Fahrzeuge wie Campervans und Kastenwägen – und andererseits in der gewählten Stellplatzform wider. Der Wunsch nach Flexibilität und Freiheit widerspricht dem Zwang, auf einem durchgeplanten Reisemobilstellplatz zu übernachten. Instagram-fähige Spots mit schönem Ausblick und möglichst ohne Nachbar*innen sind gefragt. Trotz neuer Stellplätze quer durch Deutschland und trotz des gestiegenen Komforts auf den Stellplätzen ist auch das sogenannte Wildcamping sehr beliebt.
Ernst Volkhardt (Wohnmobilstellplatz NaturTherme Templin) kann diese Entwicklung auch für Templin bestätigen.
Und noch etwas wurde deutlich: Ohne regulatorische Maßnahmen wird es zukünftig nicht funktionieren, negative Folgen wie z. B. illegales Entsorgen und Eingriffe in Schutzgebiete einzudämmen.
Ralf Tebarz (CamperClean GmbH) berichtet von Ver- und Entsorgungsstationen an Tankstellen, die abseits von Stellplätzen auf Rundrouten liegen. Hier muss zukünftig weniger kleinteilig und stärker regional vernetzt gedacht werden, um den Umweltschutz zu stärken. Letztendlich geht es um eine individuelle Platzplanung, die die Gegebenheiten und die Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen berücksichtigt.
Diskutiert wurden auch weitere wichtige Themen im Camping-Segment, wie z. B. die Antriebsformen bei den Fahrzeugen und steigende Energiekosten. Egal ob Strom oder Diesel – hohe Fahrtkosten könnten womöglich Reisen in der Umgebung attraktiver machen. Ebenso beeinflussen die Energiekosten das beliebter werdende Wintercamping.
Die Zuschauer*innen interessierten sich insbesondere auch für die digitale Ausrichtung der Stellplätze: Welche Apps werden benötigt? Muss der Stellplatz in Echtzeit freie Kapazitäten anzeigen und online buchbar sein? Und sollten die DMOs die Camping- und Reisemobilstellplätze unterstützen, sich digital besser zu vermarkten? Hier machten die Expert*innen unseres dwif-Impulses deutlich, dass zwar einige Stellplätze digitale Vorreiter sind, in der Fläche jedoch reichlich Handlungs- und Optimierungsbedarf besteht.
Ein spannender dwif-Impuls, bei dem die Zeit zum Schluss leider knapp wurde. Auf einige Fragen aus dem Chat sind wir Ihnen noch eine Antwort schuldig. Das haben wir hier gemeinsam Ernst Volkhardt und Ralf Tebarz nachgeholt (Download PDF)!
wenn Sie unseren dwif-Impuls nicht live verfolgen konnten, jetzt aber Lust bekommen haben, sich die spannende Diskussion in voller Länge anzusehen, schauen Sie einfach auf unserem YouTube-Kanal vorbei. Dort finden Sie auch die Aufzeichnungen der bisherigen Events dieser Reihe, wie beispielsweise „Die TI als Flagshipstore", „Agilität & Resilienz im Tourismus", „Gästelenkung", „Qualitätsmanagement im Tourismus", „KPIs und ihr Einsatz in der Praxis“ oder „Leuchtturmprojekte als Impuls für die Region“.