2. Zukunftstag Destinationen: Reisen mit Corona – das Aus für nachhaltige Mobilität?
"Erlebnisholzkugel" Gewinner ADAC Tourismuspreis Bayern 2020 – Dr. Andrea Möller Jurymitglied
Impuls für Mobilitätswende im Alpentourismus: Umsetzungsstudie E-Mobile Deutsche Alpenstraße
Nachhaltige Mobilität: Machbarkeitsuntersuchung Erweiterung Rennsteig-Ticket
Die Destination als Bühne: Wie macht Kulturtourismus ländliche Regionen erfolgreich?
"Niederbayerntour": Neuer Fernradweg zum Start in die Radlsaison
Donnerstag, 15. Oktober 2020
Seit vorletztem Jahr können Radfahrer*innen auf der neuen Niederbayerntour zwischen Passau und Regensburg die Vielfalt des Bayerischen Golf- und Thermenlandes erkunden. Frei nach dem Motto „himmlisch radfahren“ laden barocke Bauwerke, traumhafte Landschaften und kulinarische Genüsse zum Entdecken und Verweilen ein. Andrea Möller hat das Produkt mitentwickelt… und in diesem Corona-Sommer persönlich „abgeradelt“.
In Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Ostbayern e.V., den regionalen und städtischen Tourismusorganisationen, den lokalen Akteur*innen, und der Agentur Weitblick haben wir bereits 2018 die Niederbayerntour konzipiert. Auf insgesamt 244 Kilometern zwischen den UNESCO-Welterbestädten Passau und Regensburg führt die Route an zahlreichen bedeutenden Attraktionen vorbei wie den Klöstern Aldersbach, Rohr und Weltenburg, dem Kuchlbauer-Turm in Abensberg oder der Befreiungshalle in Kelheim.
Unsere Kollegin Dr. Andrea Möller hat das Projekt im dwif federführend umgesetzt... und hat die Route und das, was sich aus den Ideen inzwischen entwickelt hat, in diesem Corona-Sommer auch hautnah vom Fahrrad aus selbst entdeckt. Ein Erlebnisbericht.
Gleich hinter Erding beginnt der Urlaub. Aber das haben offensichtlich trotz Corona noch nicht viele Tourist*innen für sich entdeckt, denn Radlermassen sind wir auf dieser Tour (glücklicherweise) nicht begegnet. Das ganz besonders Schöne: Alles geht sehr spontan und ohne viel Planung, denn für Gastronomie und Unterkünfte ist nahezu überall in ausreichender Distanz gesorgt. Drei Tage unbeschwertes Fahrradvergnügen kreuz und quer durch Inn-Salzach und das Bayerische Golf- und Thermenland sprechen dabei für sich!
An der S-Bahn-Endhaltestelle steigen wir zu zweit an einem August-Samstag aus einem nahezu leeren Zug und starten ausgeruht auf wenig verkehrsträchtigen Straßen: erstes Ziel ist Dorfen. Kaum verlässt man den Münchner Speckgürtel finden sich wieder richtige Markt- und Kleinstädtchen und ein Ort ist schmucker saniert als der nächste. Der Sempt-Isen-Radweg bringt uns über Schwindegg und Heldenstein bis nach Waldkraiburg.
Überall gibt es Wirtschaften und Restaurants an den charakteristischen Marktplätzen sowie regionale Biersorten und im Bereich Inn-Salzach prunken die Bürgerhäuser mit ihren typischen Giebeln in den schönsten Farben und Formen. In dieser Gegend, die schon immer vom Handel über die Alpen gelebt hat, ist nichts zu merken vom Stadt-Land-Gefälle. Wir übernachten in Waldkraiburg, der größeren, aber unscheinbaren Schwester von Kraiburg am Inn, überqueren aber zum Abendessen den malerischen Inn, um an der Piazza von Kraiburg doch tatsächlich eine überaus passende italienische Trattoria zu finden.
In der sonnigen Sommerdämmerung fühlen wir uns auf dem erhöht gelegen Stadtplatz mit einer standortbeherrschenden Basilika und einem Brunnen mit Mariensäule kaum 75 km von München entfernt, irgendwo in die Toskana oder auf eine Mittelmeerinsel wie beispielsweise nach Korsika versetzt. Und zu guter Letzt begleitet auch noch ein Akkordeonspieler den romantischen Abend.
Über Mühldorf am Inn geht es nach Tüßling und von dort über Alt- nach Neuötting. Nach dem architektonischen Highlight Mühldorf ist der wiederum atemberaubend schöne Marktplatz Neuöttings gegenüber dem von Pilger*innen und Neugierigen überlaufenen Innenbereich Altöttings wohltuend friedlich. Das Gelato des örtlichen italienischen Eiscafés können wir unbedingt empfehlen.
Zurück am Inn begleiten wir den Fluss noch ein gewisses Stück, um uns dann nach Norden Richtung Rottal und Eggenfelden zu wenden. Um aber erst noch das Motto des Niederbayern-Radlns „Bier, Badehose, Barock“ einzulösen, machen wir einen kurzen Abstecher zum Badesee bei Hochmühl kurz vor Reischach – ein absolutes Muss! Wunderschön eingewachsen, mit kleiner Gastronomie und schattigen Liegebereichen.
Eggenfelden berühren wir nur am Rande, im Ortsteil Gern. Hier entsteht gerade ein Innovationszentrum in historischen Mauern – uns interessiert aber vor allem der malerische Gasthof und Biergarten des Unterwirts! Gestärkt geht es nun die Rott entlang, durch eine vollkommen andersartige und liebliche Parklandschaft durchsetzt mit den für die Tourismusregion – Bayerisches Golf- und Thermenland – typischen Golfanlagen.
Wegen einer Reifenpanne erreichen wir unser Etappenziel Pfarrkirchen verspätet. Die Hotellerie der Region ist zum Glück modern und kundenorientiert eingestellt. Über die ausgewiesene Notfallnummer landen wir direkt bei der Hotelchefin, die uns per automatisierter Schlüsselbox ohne Vorreservierung Schlüssel und Zimmer zukommen lässt. Sowohl im Hotel Central, Waldkraiburg als auch im Parkhotel Pfarrkirchen dürfen wir unsere Tourenräder im Innenflurbereich abstellen. Neu ausgestattete Hotelzimmer und ein umfangreiches Frühstücksbuffet bei gleichzeitig moderaten Preisen überzeugen uns nachhaltig.
Im Zentrum der Etappe des letzten Tages steht der Bockerlbahnradweg von Simbach nach Landau, eine herrliche Bergabtour nach Überwinden der Wasserscheide, durch Wald und Kohlfelder sowie über die Vils hinweg mit einem lohnenswerten Ausblick auf das Panorama des Bayerischen Waldes.
Leider haben die Vorzeigewirtschaften um Anderstorf (Thalhauser, Schlossbräu Mariakirchen) erst ab spätem Nachmittag geöffnet, so dass wir nach mittäglicher Einkehr im griechischen Restaurant im Ortszentrum direkt nach Landau durchstarten.
Ein Schienenersatzverkehr (SEV) zwischen Wörth und Landshut beschert uns noch eine Abschluss-Radlstrecke: Entlang der Stauseebereiche radeln wir hier auf dem Damm und stecken ein letztes Mal die Füße ins Wasser. Übrigens vorbildlich angeboten wurde ein extra Radtransportbus im SEV. Landshut sehen wir leider nur im Schnelldurchgang, aber nach diesem Sneak-Preview steht fest: Wir kommen wieder, denn für diese Stadt braucht es definitiv mehr Zeit!
Landschaftlich finden Radler*innen wirklich alles was das Herz begehrt: vogelreiche Seen und Flussauen, herrliche Ausblicke auf den Bayerischen Wald und vor den Toren Münchens sowie am Inn auch auf die Alpen, lauschige Waldabschnitte und das typische hügelige Auf und Ab mit malerischen niederbayerischen Bauerndörfern.
Mit einer Einschränkung: Aus der ehemaligen Kornkammer Bayerns mit ihren reichen Gäuböden und einem abwechselungsreichen Mosaik von Anbauflächen mit vielfältigen Feldrainen droht eine monotone „Popkorn“-Kammer zu werden. Soweit das Auge reicht reiht sich Mais- an Maisfeld.
Dieser Maisdschungel passt leider wenig zu einer niederbayerischen Bilderbuchlandschaft. Eine nachhaltiger gestaltete Landwirtschaft wäre deshalb auch eine Investition in einen nachhaltigen Tourismus, für den ein attraktives Natur- und Landschaftsbild eine unverzichtbare Grundlage ist. In anderer Hinsicht ist die Region nämlich durchaus bereits ökologische Vorreiter*in: In Sachen Solarenergiegewinnung auf Dächern von Wohn- wie Wirtschaftsgebäuden dürfte Niederbayern an der Spitze stehen.
Besonders attraktiv im Bayerischen Golf- und Thermenland ist, dass es 1000 und eine Möglichkeit gibt, ein und denselben Zielort per Rad oder auch in Kombination mit der Bahn zu erreichen. So kann sich jede*r eine individuelle Traumroute zimmern und bewahrt sich dennoch zahlreiche Alternativen für das nächste Mal.
Mit unserer dwif-Zukunftswerkstatt "Nachhaltige Mobilität" bringen Sie alle relevanten Stakeholder in Ihrer Destination ins Gespräch. Wir schaffen für Sie den Rahmen. Sie erhalten im Ergebnis einen „Mobilitäts-Fahrplan“ Ihrer spezifischen Handlungsfelder.
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